Gerhard Höberth

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Kastrup und der Panpsychismus

Bernardo Kastrups „Analytischer Idealismus“ und seine Ablehnung des Panpsychismus (und damit implizit auch des Pantheismus) aus der Sicht des „Evolutionären Idealismus“ (EvId)

 

Manche werfen mir vor, ich hätte mich auf Bernardo Kastrup eingeschossen und würde persönlich gegen ihn opponieren, wobei ich gegen Details seiner Philosophie vorgehen würde, die so dort gar nicht zu finden sind. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Warum ich Bernardo Kastrups „Analytischen Idealismus“ so in den Fokus nehme, liegt daran, dass er meinem „Evolutionären Idealismus“ sehr ähnlich ist, aber in bestimmten Punkten entscheidend davon abweicht. Indem ich diese Punkte herausgreife, kann ich auch diese Details des EvId besser deutlich machen.
Aus diesem Grund bin ich froh, dass Kastrup in dem Video, das ich jetzt besprechen will, selbst sagt:

„(0:48) ich versuche nicht, meine Ansichten den Menschen aufzuzwingen. Ich möchte nur sicherstellen, dass die Leute richtig verstehen, was ich darlege, und sie können danach daraus machen, was sie wollen.“

Genau das werde ich tun. Ich werde seine Erklärungen nehmen und zeigen, wo er meiner Meinung nach irrt.

Weiterlesen: Analytischer Idealismus - Panpsychismus - Evolutionären Idealismus

Analytischer Idealismus vs. Evolutionärer Idealismus

Analytischer Idealismus

Bernardo Kastrups Theorie des „Analytischen Idealismus“ ist eine philosophische Perspektive, die die Natur der Realität und das Bewusstsein auf eine Weise erklärt, die für viele Menschen intuitiv einleuchtend sein kann.
Er basiert auf der Annahme, dass Bewusstsein die grundlegende Realität ist und die physische Welt eine Erscheinung innerhalb dieses Bewusstseinsfeldes darstellt. Wichtige Aspekte dieser Philosophie sind:

Weiterlesen: Analytischer Idealismus vs. Evolutionärer Idealismus

Eine Antwort auf Ranga Yogeshwar.

In einer kürzlich viral gegangenen Stellungnahme (binnen kürzester Zeit wurde das Zitat 1400 Mal geteilt) beim Format Titel-Thesen-Temperamente (TTT) äußerte sich der renommierte Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar kritisch über die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) und der Technologie im Allgemeinen bei der Bekämpfung gesellschaftlicher Ungleichheiten. Yogeshwar argumentiert, dass die Versprechungen der Tech-Welt, große gesellschaftliche Probleme wie Hunger, Ungerechtigkeit und Klimawandel zu lösen, weitgehend leere Versprechen seien. Er betont, dass Technologie die Ungleichheit zwischen Arm und Reich sogar fördere.

Yogeshwars Perspektive scheint eine wesentliche Wahrheit zu übersehen: die transformative Kraft der Technologie in der Geschichte der Menschheit. Der berühmte Wissenschaftsautor Isaac Asimov brachte es prägnant auf den Punkt: „Nenne mir eine gesellschaftliche Veränderung und ich sage dir, welche technologische Innovation dafür verantwortlich war.“ Diese Aussage unterstreicht die tiefgreifenden positiven Auswirkungen, die technologische Entwicklungen auf unseren Lebensstandard hatten.

Und im Gegensatz zu herkömmlichen technologischen Entwicklungen steht uns mit der Künstlichen Intelligenz eine so breitgefächerte Revolution bevor, dass sie mit früheren Veränderungen kaum vergleichbar ist. KI wird nicht nur bestehende Prozesse verbessern – sie wird uns zwingen, unsere gesamte Gesellschaftsordnung neu zu denken. Anders als bei der industriellen Revolution, die ihren Sättigungsgrad erreichte, als physische Arbeiten weitgehend automatisiert waren, wird die KI-Revolution keinen Endpunkt kennen. Sie wird sich kontinuierlich weiterentwickeln und keinen Lebens- oder Wirtschaftsbereich unberührt lassen.

Durch die Substitution menschlicher Arbeit in einem bisher unbekannten Ausmaß werden wir gezwungen sein, die Werte und Hierarchien unserer Gesellschaft völlig neu zu ordnen. Die Ungleichheiten, die durch Reichtum, Einkommen und Erbschaft entstanden sind, werden sich unter dem Druck der KI notwendigerweise egalisieren müssen, da die traditionellen Grundlagen wirtschaftlicher Macht und sozialer Status verschoben werden.

Anders als Yogeshwar es darstellt, bietet die Künstliche Intelligenz damit ein enormes Potenzial, die gesellschaftlichen Grundstrukturen zum Besseren zu verändern. KI zwingt uns nicht nur, bestehende Prozesse zu überdenken; sie fordert uns heraus, eine Gesellschaft zu formen, die weniger von individuellen Egoismen („ich bin besser als du“) und mehr von Kooperation und Gleichheit geprägt ist. Diese Technologie hat das Potenzial, die tief verwurzelten menschlichen Triebe nach Konkurrenz und Überlegenheit zu mildern, indem sie die Notwendigkeit und die Möglichkeiten für Kooperation und gegenseitige Unterstützung vergrößert.

Oft wird die Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen durch Automatisierung und KI in den Vordergrund gestellt. Diese Angst ist verständlich, aber sie spiegelt eine begrenzte Sichtweise wider. Statt diese Angst zu schüren, sollten wir die Chancen betonen, die sich durch technologischen Fortschritt ergeben. Die Integration von KI in unsere Arbeitswelt kann uns von fremdbestimmter, monotoner Arbeit befreien und die Türen zu kreativeren, erfüllenderen Tätigkeiten öffnen.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte in einer von KI geprägten Gesellschaft eine Schlüsselrolle spielen. Es würde den Menschen die Sicherheit geben, die sie benötigen, um sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln, ohne den ständigen Druck, Einkommen zum bloßen Überleben generieren zu müssen. Diese finanzielle Absicherung würde es jedem Einzelnen ermöglichen, sich in Bereiche einzubringen, die sowohl persönlich bereichernd als auch gesellschaftlich wertvoll sind.

Die Entwicklung und Implementierung von KI bietet uns die einzigartige Gelegenheit, Arbeitsweisen und gesellschaftliche Strukturen grundlegend neu zu gestalten. Anstatt sich auf potenzielle Gefahren zu konzentrieren, die oft auf einer Furcht vor dem Neuen und dem Wunsch nach Besitzstandswahrung beruhen, sollten wir eine offene und optimistische Haltung einnehmen. Es geht darum, die positiven Möglichkeiten zu erkennen und zu fördern, die KI für jeden von uns und für die Gesellschaft als Ganzes bietet.

Die Debatte über die Rolle der Technologie in unserer Gesellschaft sollte nicht einseitig geführt werden. Sie verlangt eine ausgewogene Sichtweise, die sowohl die potenziellen Risiken als auch die unbestreitbaren Vorteile anerkennt. Wer aber Angst schürt, dem sollten eine Warnung sein, was der US Fernsehmoderator Tucker Carlson kürzlich vorgeschlagen hat: „Wenn [KI] schlecht für die Menschen ist, dann sollten wir sie jetzt gleich in ihrem Kinderbettchen erwürgen. Und eine davon ist, die Rechenzentren in die Luft zu jagen. Warum ist das so schwer? Wenn sie tatsächlich zu dem wird, was Sie beschreiben, nämlich eine Bedrohung für Menschen/Menschlichkeit/Leben, dann haben wir die moralische Verpflichtung, sie sofort zu töten.“ (21/Apr/2024) Ray Kurzweil sagt dazu sinngemäß: Die technologiefeindliche Bewegung wird immer lauter werden und möglicherweise zu Gewalt greifen, wenn diese Menschen über das Aufkommen neuer Technologien wütend werden, wenn diese die traditionellen Ansichten über die Natur und die Vorherrschaft des Menschen bedrohen. Aber der Vormarsch der Technologie ist unaufhaltsam, und sie werden unweigerlich scheitern, wenn es darum geht, die Welt auf einem festen Entwicklungsniveau zu halten.
Wir dürfen diesen unausweichlich scheinenden Kulturkampf nicht auch noch fördern.

Wir stehen am Anfang einer Revolution, die keine Grenzen kennt – eine Revolution, die durch Künstliche Intelligenz angetrieben wird. Diese Technologie zwingt uns, über die Grenzen des derzeit Möglichen hinauszudenken und eine Gesellschaft zu formen, die auf den Prinzipien der Gleichheit, der Kooperation und der Freiheit basiert. Es liegt an uns, diesen Wandel zu unterstützen und zu gestalten, um eine Zukunft zu schaffen, die nicht nur technologisch fortschrittlich, sondern auch sozial gerechter ist. Lassen Sie uns gemeinsam diese Chance ergreifen und eine positive, integrative Zukunft gestalten.

Bernardo Kastrups KI-Metapher der simulierten Niere und warum sie irreführend ist

Bernardo Kastrup fordert uns auf, uns eine extrem detaillierte Simulation einer menschlichen Niere auf einem Computer vorzustellen, die jede chemische Reaktion und jedes Molekül berücksichtigt. Kastrup fragt, ob diese simulierte Niere auf den Schreibtisch pinkeln könnte, und stellt die zentrale Frage: Kann eine Simulation die Funktion einer echten Niere übernehmen? Die Antwort ist offensichtlich nein. Kastrup nutzt dies, um zu erklären, dass eine KI kein Bewusstsein entwickeln kann, selbst wenn sie einem Gehirn ähnelt, da sie immer nur die Simulation von Gehirnaktivität bleibt.

Weiterlesen: Nieren-Metapher

Leserbrief an Evolve zum Heft Nr. 40

und dem Titelthema „Auf der KIppe“

Sehr geehrte Redaktion von „Evolve“,

ich möchte mich für die Artikelserie zur Künstlichen Intelligenz (KI) bedanken. Die Beiträge bieten eine tiefe und vielseitige Auseinandersetzung mit diesem komplexen Thema. Von der Reflexion über ChatGPT und die Auswirkungen von KI auf unsere Gesellschaft über Risiken und ethische Bedenken bis hin zu Perspektiven auf Bewusstsein und Intelligenz in der KI wurden viele Facetten beleuchtet. Besonders wichtig fand ich die Diskussionen über die Notwendigkeit, Weisheit in die Entwicklung von KI einzubeziehen und KI als potenziell autonomen Akteur zu betrachten, der unsere menschliche Rationalität und Weisheit herausfordert.

Weiterlesen: Leserbrief an Evolve zum Heft Nr. 40