Gerhard Höberth

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Zeitfenster

Warum ist das Zeitfenster, um eine transhumanistische Evolution zu starten, nur wenige Jahrzehnte klein?
 
Geologische Untersuchungen lassen viele Schlüsse zu, in welchen erdgeschichtlichen Epochen es welche Ereignisse gab. Es sind sogar Einzelereignisse wie Vulkanausbrüche und Asteroideneinschläge abzulesen. Selbst die Folgewirkungen solcher Ereignisse lassen sich an den Unterschieden über und unter dieser Ereignisschichten ablesen. Eine technologische Zivilisation würde sich in den Ablagerungen der Sedimentschichten deutlich zeigen (Rußschichten, Mikroplastik, chemische Sonderablagerungen, ... jeder technische Eingriff in natürliche Abläufe zeigt Folgen in den Sedimenten). Wir dürfen also davon ausgehen, dass wir die erste technologische Zivilisation auf diesem Planeten sind. Ermöglicht wurde uns diese Entwicklung durch den Sonnenenergie-Speicher der Biosphäre. Wir konnten in den letzten 300 Jahren Energien verwenden, welche in Millionen und Milliarden Jahren Erdgeschichte von der Sonne aufgenommen und im Boden als fossiler Brennstoff abgelagert wurden. Daraus entstand eine evolutionäre Schwungkraft, die uns heute trägt und uns ermöglicht, Technologien zu entwickeln, um uns von diesen fossilen Brennstoffen abzukoppeln. Ein zweites Mal wird ein derartiges «Schwung holen» nicht möglich sein. Auf der anderen Seite ist diese technologische Entwicklung eine Gesamtleistung der Menschheit und nicht die eines Staates oder gar eines Menschen. (Wie Matt Ridley in seinem Vortrag «Wenn Ideen Sex haben» deutlich zeigte, gibt es heute keinen einzigen Menschen auf dieser Welt, der weiß, wie man eine Computermaus herstellt.) Die gesamte Technik unserer Zeit ist eine Kollektivleistung, die uns durch die letzten 300 Jahre industrieller Innovationen nur durch den Gebrauch fossiler Energien ermöglicht wurde. Aber diese Energien sind so gut wie aufgebraucht und haben zudem deutlich negative Begleiterscheinungen, auf die wir reagieren müssen. Gelingt es uns nicht, uns durch nachhaltige Technologien mit Energie zu versorgen, und gelingt es uns nicht, eine CradleToCradle-Wirtschaft zu etablieren (C2C), in der keine Ressourcen mehr verschwendet werden (es gibt keinen Abfall, nur frei werdende Ressourcen), dann haben wir die einmalige Chance verpasst, die uns durch den Verbrauch fossiler Energien geboten wurde. Dann wird sich die Weltbevölkerung in Klimakrise und Hungerkrise in Ressourcenkrieg und Katastrophen wieder auf wenige hundert Millionen reduzieren und durch die regionale Aufsplitterung uns jeder Macht berauben, die Grenzen dieses Planeten jemals zu überschreiten. Das mag für so manchen (retroromantischen) «Gaia-Esoteriker» auch ganz in Ordnung sein. Und möglicherweise gelingt es uns wieder, im Einklang mit biologischen Prozessen ein vielleicht kürzeres, aber doch erfülltes Leben zu genießen. Das ist okay. Aber die Evolution auf diesem Planeten hat dann keinen nennenswerten Einfluss auf die weitere Entwicklung dieses Kosmos. Denn auch zukünftige intelligente Tiere auf diesem Planeten werden keine zweite Chance erhalten, ohne die «Anschubfinanzierung» durch fossile Brennstoffe. Die Erde ist danach wie eine Pflanze, die zwar blühte, aber keinen Samen produziert, der das Leben weiter trägt.
Gelingt es uns aber, dass wir uns als eine Menschheit begreifen und die Herausforderung annehmen und bewältigen, die Folgen der 300 Jahre industrieller Entwicklung, des Ressourcenverbrauchs und des CO2-Eintrags in die Atmosphäre zu minimieren, dann haben wir alle Tools, die wir brauchen, um die Entwicklung des Lebens auf der Erde als Keim des Lebens für die Weiten des Alls hinauszutragen und eine Informationsvernetzung anzustoßen, welche am Ende (Punkt Omega) die Ähnlichkeit der neuronalen Vernetzung in unserem Gehirn mit der Struktur der Supercluster der Galaxienhaufen nicht nur auf die Materie beschränkt.
Lasst uns hier und heute beginnen, den kollektiven Geist des Kosmos zu kreieren.
 
Gerhard Höberth, August 2022, Roadmap des Transhumanismus